Notfall auf Bike-Tour: Prävention und Erstversorgung
Werden Sie Ihr eigener Bike-Guide und lernen Sie, wie Sie MTB-Touren planen und sicher nachfahren.
Teil 5:
Notfall-Prävention durch gute Planung, Risiken auf Tour erkennen und Tipps für den Ernstfall.
So richtige Notfallsituationen hat man als Touren-Biker eher selten. Genau das ist der Grund, warum man – wenn es passiert – meist blank dasteht. Wie war das noch mal beim Gewitter: Soll man die Buchen jetzt suchen oder nicht? Die wichtigsten Verhaltensregeln hat man ja schon mal gehört. Doch gerade von den Profi-Guides kann man noch einiges lernen. Sie bringen in einer Saison Hunderte von Bikern über den Berg. Völlig unterschiedliche Charaktere und egal bei welchem Wetter. Klar, dass sich dabei deutlich öfter Probleme ergeben, die souverän gelöst werden müssen. Ein guter Guide kennt nämlich nicht nur den richtigen Weg. Er hält auch die Moral der Gruppe zusammen und weiß in Notsituationen, was zu tun ist. Hier die wichtigsten Punkte, wie Sie schon bei der Touren-Planung einige Situationen ausschließen können. Und was Sie tun müssen, wenn es Sie doch mal erwischen sollte.
PLANUNGSPHASE:
Notfälle auf MTB-Tour vermeidenBestimmten Notsituationen kann man bei guter Planung vorbeugen.
• Gruppenstärke
Die optimale Gruppenstärke auf einer Tour sind 3–6 Personen. Warum? Der Handy-Empfang ist in höheren Lagen beschränkt. Kommt es zu einem Unfall, kann einer beim Verletzten bleiben, während der andere Hilfe holt. Hingegen: Je mehr Teilnehmer, desto größer ist die Pannenwahrscheinlichkeit. Auch bei Einkehr, Fotopausen und Klamottenwechsel dauert alles entsprechend länger. Bedenken Sie das auch bei der Planung der Etappenlängen. Die meisten Stürze passieren aus Konzentrationsmangel. Gerade am späten Nachmittag, wenn die Kondition nachlässt. Muss sich die Gruppe dann noch hetzen, um das Etappenziel zu erreichen, steigt das Risiko unnötig an.
• Routenplanung
Derjenige, der sich um die Routen-Planung kümmert, ist automatisch der "Guide". Informieren Sie Ihre Mitfahrer dennoch detailliert über die gewählte Strecke, damit es unterwegs keine Diskussionen gibt. Am besten kleben sich alle Teilnehmer ein ausgedrucktes Höhenprofil an den Lenker. So kann sich jeder seine Kraft einteilen und weiß im Notfall, wo er sich gerade befindet.
WAS MUSS ICH UNTERWEGS BEI DER BIKE TOUR BEACHTEN?Schlechtes Wetter, ein fataler Sturz oder auch ein Stimmungstief – auf einer Alpen-Tour müssen Sie sich erst mal selbst zu helfen wissen.
• Tempo machen
Ein professioneller Guide fährt am ersten Tag voraus, und kein Teilnehmer darf überholen – das ist eine typische Maßnahme, um zu verhindern, dass sich jemand gleich zu Beginn der Tour überpowert. Das ist im Kreise von Freunden, die öfter zusammen biken, natürlich nicht nötig. Hier sind die Duftmarken bereits gesetzt, und keiner muss dem anderen mehr etwas beweisen. Doch selbst, wenn Sie auf Tages-Touren ein eingespieltes Team sind: Auf einer Mehrtages-Tour wird jeder mal von einem Motivations- oder Leistungstief gebeutelt. Meistens reicht es dann, das Tempo der Gruppe insgesamt zu drosseln oder eine Hüttenrast früher einzulegen als geplant. Zur Sicherheit kann man noch den alten Bergsteiger-Trick drauflegen: Einer aus der Gruppe lässt sich nach der Pause hinter den schwächelnden Fahrer zurückfallen. Allein nicht mehr der Letzte der Gruppe zu sein, setzt neue Motivationskräfte frei! Abends sollte der Teilnehmer sich dehnen, kohlenhydratreich essen und viel trinken (kein Alkohol!). Wechselduschen, Beine hochlegen im Wechsel, Beinmassagen und früh schlafen gehen, helfen zusätzlich, die Schlacken abzubauen. Am nächsten Tag ist der Mitfahrer ziemlich sicher wieder fit.
• Überanstrengung erkennen
Es gibt aber auch Konditionseinbrüche, die man rechtzeitig erkennen sollte, um Stürze oder Schlimmeres zu vermeiden. Wenn ein Mitfahrer zum Beispiel nach einer anstrengenden Etappe keinen Hunger oder schlecht geschlafen hat. Beides sind typische Anzeichen von Überanstrengung. Dieser Biker wird am nächsten Tag nur noch mit halber Kraft und Körperspannung im Sattel sitzen und ist enorm sturzgefährdet. Optimal wäre es, diesem Fahrer einen Tag Pause zu gönnen. Geht das nicht, könnte man für ihn eine alternative Route durch die Täler austüfteln, die er am besten mit Begleitung zum nächsten Etappenziel hinüberrollt. Vorsicht übrigens auch bei Sätzen wie "Jetzt nur noch den Berg runter, dann sind wir am Ziel". Ausgepowert vom langen Tag im Sattel, lehnt man sich zurück und lässt es einfach laufen. Dabei passieren oft die unnötigsten Unfälle. Motivieren Sie Ihre Mitfahrer zu Konzentration bis zum Schluss. Erfinden Sie zur Not eine Schlüsselstelle, die da kurz vor Ende noch auftauchen soll.
WETTER ERKENNEN
Dan Milner Wichtig auf der Bike Tour: Das Wetter rechtzeitig einschätzen lernen und sicherheitsbewusst handeln
Es gibt vier Wetterarten, die einem die Tour in den Alpen echt vermasseln können: Nebel, Regen, Gewitter und Sommerhitze. Sprich, jedes Wetter hat seine Tücken, auf die man sich aber bestens vorbereiten kann.
• Sommerhitze
Tragen Sie gleich nach dem Aufstehen Sonnencreme mit sehr hohem Lichtschutzfaktor auf und starten Sie so früh wie möglich. So, dass Sie den längsten Anstieg des Tages nicht ausgerechnet in sengender Mittagshitze hochtreten müssen. Trinken Sie viel! Wenn Sie das nächste Etappenziel bis 16 Uhr erreichen, haben Sie alles richtig gemacht. Die größten Gefahren der Sommerhitze sind nämlich: Sonnenbrand, Dehydrierung, Hitzschlag und Wärmegewitter. Letztere entladen sich gerade in felsigen Regionen wegen starker Sonneneinstrahlung am späten Nachmittag.
Gefährlicher ist aber natürlich das schlechte Wetter. Nebel, starker Regen, Gewitter oder auch ein kurzer Wintereinbruch können dazu zwingen, die Tour abzubrechen oder zumindest ins sichere Tal umzuverlegen. Deshalb sollte man auf Tour immer den aktuellen Wetterbericht für die jeweilige Region abfragen und diese Schlechtwettervorboten rechtzeitig erkennen:
- Der Höhenmesser "spinnt" und zeigt deutlich zu hohe Werte an. Das bedeutet: Der Luftdruck sinkt schnell, ein Tiefdruckgebiet naht.
- Kräftiges Morgenrot
- Kondensstreifen von Flugzeugen bleiben am Himmel lange stehen.
- Dunst nimmt zu, die Sicht verschlechtert sich.
- Auffrischender Wind
- Haloringe um Sonne oder Mond
- Quellwolken (Gewittertürme)
• Nebel und Regen
treten gern zusammen in Erscheinung. Selbst, wenn Sie "nicht aus Zucker" sind, sollten Sie bei Regen das Hochgebirge meiden. Die tief hängenden Regenwolken haben sich in den Gipfelgraten gern festgehakt. Dann ist die Sicht gleich null. Sie könnten nicht nur vom Weg abkommen und im nassen Gelände abschmieren – auch die Panoramavorstellung fällt aus. Wenn sich unter die Regenwolkenschwaden eine Gewitterzelle mischt, bekommen Sie das erst mit, wenn die Luft zu knistern beginnt. Das könnte gefährlich werden.
• Gewitter
können in den Bergen besonders heimtückisch sein, deshalb ist in exponiertem Gelände besondere Vorsicht geboten:
- Runter vom Gipfel und weg von exponierten Stellen oder einzeln stehenden Bäumen – Blitze schlagen einen möglichst kurzen Weg zur Erde ein.
- unbedingt Abstand halten zu Wasserläufen und feuchten Bereichen, bei einem Einschlag leiten diese die Energie weiter.
- Leitungen, Weidezäunen und Stahlseilen nicht zu nahe kommen.
- Alle elektronischen Geräte abschalten, das Bike mind. 50 Meter entfernt ablegen, eine Mulde suchen und sich auf dem Rucksack kauernd hineinhocken. Die Füße zusammen mit möglichst wenig Kontakt zum Boden halten. Nicht nur der direkte Blitzeinschlag ist eine Bedrohung, sondern auch die Ströme, die nach einem Einschlag durch den Boden weitergeleitet werden.